Power Quality Messungen in allen EVU Spannungsebenen bis 150 kHz – Ist das möglich?
- Gepostet von Harald Weidl
- Am 14. August 2024
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- Amplidudenfehler, Phasenfehler, Artikel, hohe Präzision, Power Quality
Eine verlässliche Energieversorgung ist für viele Unternehmen mittlerweile zu einem wichtigen Standortfaktor geworden. Während in der Vergangenheit Netzausfälle und Spannungsschwankungen zu den wichtigsten Parametern der Versorgungsqualität zählten, gewinnen Spannungstransienten oder Spannungsoberschwingungen immer mehr an Bedeutung. Dies ist vor allem auf die immer größer werdende Anzahl an nicht-linearen Verbrauchern und vielen dezentral angebundenen regenerativen Energieträger zurückzuführen. Um in Europa einheitliche Standards für die Elektroenergieversorgung zu gewährleisten, werden die Mindestanforderungen an die Spannungsqualität in einer europäischen Norm definiert. Dies ist die EN 50160, welche die Überschrift „Merkmale der Spannung in öffentlichen Elektrizitätsversorgungsnetzen“ trägt. Diese Norm ist als Produktnorm für elektrische Energie zu verstehen und wird aus diesem Grund auch in Stromlieferverträgen als geltende Produktnorm herangezogen. Im Februar 2014 hat der Bundesgerichtshof unmissverständlich klargestellt, dass auch die Elektrizität dem Produkthaftungsgesetz unterworfen ist. Damit haftet der Verteilnetzbetreiber für Schäden an elektrischen Verbrauchern, die auf eine mangelhafte Spannungsqualität seitens des Verteilnetzbetreibers zurückzuführen sind. Viele Messgerätehersteller bieten mittlerweile aus diesem Grund Messgeräte, die automatisierte Qualitätsreports gemäß der EN 50160 aufbereiten. Auch digitale Zähler bieten immer öfter auch Power Quality Funktionen gemäß der EN 50160. Während die Messgeräte in der Niederspannung die Spannung direkt verarbeiten können, sind wir in der Mittel- und Hochspannung auf Spannungswandler bzw. Spannungssensoren angewiesen. Meist wird an älteren Anlagen die Spannungsqualität gemessen. Die verbauten Spannungswandler geben auf dem Leistungsschild aber in der Regel keinen Hinweis auf das Übertragungsverhalten bei höheren Frequenzen. Die Geräte sind lediglich für die 50 Hz Grundschwingung der Netze spezifiziert. Messungen gemäß der EN 50160 erfordern aber einen Frequenzbereich bis 2 kHz. Wir wollen der Frage nachgehen, ob die vorhandenen Geräte für Messungen bis 2 kHz geeignet sind. Bei den verbauten Spannungswandlern handelt es sich häufig um induktive Wandler, die nach dem transformatorischen Prinzip arbeiten. Im Detail besteht die Primärspule nicht nur aus induktivwirkenden Kupferwindungen, sondern es ergeben sich auch Kapazitäten durch die einzelnen voneinander isolierten Lagen. Auch die Kapazitäten zwischen den einzelnen Windungen tragen zu der Gesamtkapazität der Primärspule bei. Somit ergibt sich ein Schwingkreis aus Induktivität, Kapazität und ohmscher Widerstand, der auch eine entsprechende Resonanzfrequenz aufweisen muss. Um diese Resonanzfrequenz zu finden, wird nun ein handelsüblicher 10 kV Spannungswandler im „frequency sweep Verfahren“ mit 6.400 Messpunkten bis 10 kHz vermessen. Der Messaufbau orientiert sich an den Empfehlungen des technischen Reports IEC TR 61869-103.
Bei ca. 6 kHz ist eine Resonanzstelle erkennbar. Während der Wandler bis ca. 5 kHz annehmbar das Primärsignal überträgt, ergibt sich bei ca. 6 kHz ein Amplitudenfehler von ca. 100 % und ein Phasenfehler von 90 °. Eine verlässliche PQ-Analyse bis z. B. 2 kHz ist hier uneingeschränkt möglich, aber wie sieht es mit Wandlern in anderen Spannungsebenen aus?
Eine gute Hilfestellung bietet den Messstellenbetreibern ein Beitrag der technisch-wissenschaftlichen Organisation CIGRE / CIRED. Hier wurde eine Richtlinie für Power Quality Messungen veröffentlicht, die bezüglich des Frequenzübertragungsverhaltens von Spannungswandlern eine aussagekräftige Tabelle bereitstellt.
Autoren:
Roland Buerger (MBS AG)
Business Development/R & D, MBS AG, Sulzbach-Laufen (Deutschland)
https://www.linkedin.com/in/roland-bürger-83b817148/
Dipl.-Ing., Bernhard Grasel
Sales Manager, NEO Messtechnik, Zöbern (Österreich)
https://www.linkedin.com/in/bernhard-grasel/
bernhard.grasel@neo-messtechnik.com
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